Launige Stories sucht man vergebens, ebenso Anekdoten aus der schillernden Pop- und Rockstarwelt. In „Wem gehört die Popgeschichte“ (Bosworth-Edition, 382 Seiten) geht`s rein um die
Kulturgeschichte der Popularmusik im 20. Jahrhundert und darüber hinaus und noch mal zurück und überhaupt.
Ein eher wissenschaftlich aufbereitetes und faktenreiches Werk ist's, das sich allerdings spannend liest, wenn man es sich häppchenweise zur Brust nimmt. So ein Sachbuch ist naturgemäß keine
Gute-Nacht-Lektüre, man braucht schon den hellen Tag, um sich konzentriert den zwölf Kapiteln (u.a. „Haben Sie den Blues?“, „Langhaarige auf der Suche nach sich selbst“ oder „Neue Wellen,
Riesenwellen, Dauerwellen“) nebst Vorworten, Quellennachweisen, dem Register und der „Gebrauchsanweisung“ zu widmen.
Belohnt wird der Leser allerdings mit einer Fülle an kundigen Informationen, vor allem über die Ursprünge der Musik, über Musik als politisches Macht- und Mißbrauchsmittel, Musik als
Lebenswelten-Gestalter und natürlich auch darüber, wie Rock und Pop ihre Unschuld verloren, um als kommerzielle Produktlinien einer allumfassenden Unterhaltungsindustrie den freien Geist zu
betäuben und zu beeinflussen.
Die klug verfassten Dossiers, eingerahmt von überraschenden Querverweisen, witzigen Pressestimmen oder nachdenklichen Rezensionen und ergänzt mit Statements von Musikern, Produzenten, Literaten
usw. sorgen oftmals für Aha-Effekte, schließen die ein oder andere Wissenlücke und wirken für den interessierten Rockmusikforscher vor allem nachhaltig. Ein Lob auch für die penible Recherche und
das fundierte Wissen der Autoren, die beide im Musikbusiness zu Hause sind, und die sich gottseidank nicht in universitäre Sphären verloren haben.
„Vorsicht bei der Betrachtung alter Faszination und Kulte! – Wer die Geister ruft, der sollte diese Widergänger möglichst genau (er)kennen und durchschauen, was aber nur möglich ist, wenn man
sich auf den Spuren des Vergangenen den Realitäten und Auswirkungen nicht verschließt. Nicht jedes Experiment hat sich gelohnt“, schreiben Gebhardt und Stark an einer Stelle in ihrer
„Gebrauchsanweisung“. Hieran angelehnt kann ich nur sagen: Das Experiment, dieses Buch zu verfassen, hat sich auf jeden Fall gelohnt.
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